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Kalter Wind und wärmende Gespräche. Das Treffen der bairischen und mecklenburgischen Kirchenleitungen widmet sich dem Rechtsextremismus

Es liegt noch Schnee, und es weht ein bitterkalter Wind über den Appellplatz der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Nahe der bairisch-tschechischen Grenze hatte das Naziregime 1938 das Lager mitten im Ort errichtet. Hier wurden kurz vor Kriegsende Dietrich Bonhoeffer und andere Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 hingerichtet. Die Erschütterung über das Geschehene und über diesen unwirtlichen Platz, auf dem nur noch wenige Gebäude stehen, sind den Mitgliedern der mecklenburgischen und bairischen Kirchenleitung anzumerken.

Nach einer dreijährigen „Coronapause“ traf man sich Anfang Februar im oberfränkischen Bad Alexandersbad. Um „Kirche und Rechtsextremismus“ ging es in der Konsultation, die im Evangelisches Bildungs- und Tagungszentrum stattfand. Nicht ohne Grund wurde dieser gastfreundliche Ort für diese brisante Thematik gewählt. Hier hat die Koordinierungsstelle des „Bündnisses für Toleranz“ in Bayern, dem der Landesbischof vorsitzt, ihren Sitz. Im nahen Wunsiedel „pilgern“ seit Jahrzehnten Neonazis zum inzwischen eingeebneten Grab von Rudolf Hess, dem „Stellvertreter des Führers“. Die evangelische Kirche ist sehr aktiv, um den Widerstand gegen die Aufmärsche zu organisieren. Martin Bechert, der Geschäftsführer des Bündnisses, dem mehr als 80 Initiativen und Organisationen angehören, führte die Teilnehmer:innen am zweiten Tag in das Thema und die Situation in Bayern ein. Die bairische Landeskirche hat seit 2017 ein Handlungskonzept zur Auseinandersetzung mit rechtsextremen Einstellungen und unterstützt in vielfältiger Weise die Arbeit für Demokratie. Wie es in Mecklenburg aussieht erläuterten Karl-Georg Ohse, Projektleiter von „Kirche stärkt Demokratie“ und Anke Zimmermann, die sowohl in Bayern als auch in Mecklenburg Erfahrungen gesammelt hat. Auch in der Nordkirche, so erfuhr die diskussionsfreudige Runde, hat sich einiges getan. Neben den Beratungsangeboten der Evangelischen Akademie und von „Kirche stärkt Demokratie“ gibt seit 10 Jahren das Austauschforum „Kirche und Rechtsextremismus im Norden“ und seit zwei Jahren die AG „Kirche und Demokratie“, die die Auseinandersetzung mit dem Thema befördert.

Am Sonnabendnachmittag dann Flossenbürg. Die Gestaltung der Gedenkstätte, so der Leiter Prof. Jörg Skriebeleit, spiegelt hier beispielhaft den westdeutschen Umgang mit der NS-Zeit wider. Nach einer langjährigen Schlussstrich und Verdrängungsmentalität hat sich seit den 1990-iger Jahren eine aktive und selbstkritische Erinnerungskultur etabliert. Das Flossenbürg mehr als die Hinrichtungsstätte für Bonhoeffer war und ein riesiges und brutales Lagersystem mit über 80 Außenlagern umfasste, rückt erst langsam in das öffentliche und kirchliche Bewusstsein. Landesbischof Bedford-Strohm erinnerte an der Gedenktafel für Bonhoeffer an die klare Positionierung Bonhoeffers gegenüber allen menschenfeindlichen und totalitären Ideologien. Das Bonhoeffer auch von rechten und fundamentalistischen Kräften vereinnahmt wird, erläuterte die Direktorin der Akademie Loccum Dr. Veronika Grüter an Hand der Diskussion um die von Donald Trump gestiftete Gedenkplatte für Bonhoeffer und die Bonhoeffer-Biografie des republikanischen Publizisten Erik Metaxas.

Ein Gottesdienst am letzten Tag in der Stadtkirche von Wunsiedel beschloss das Besuchsprogramm der mecklenburgischen Synodalen und Pröpst:innen im Fichtelgebirge. Bischof Tilmann Jeremias ermutigte die Gemeinde zu engagierten Reden und Handeln in schwierigen Zeiten. Die lange und lebendige Verbindung zwischen Bayern und Mecklenburg, hoben beide Bischöfe hervor, hat dafür wichtige Impulse gegeben. 2024 wird die nächste Begegnung wieder in Mecklenburg stattfinden.

KGO